liebesbrief von der f

Mein Herzallerliebste
So fängt man doch so Briefe an, oder?
Ne, ich schreibe diese Zeilen wirklich auf 'n Blatt Papier
Wie alle hier hab ich keine mobilen Daten mehr
Wie konnt' es nur passieren? Wie kamen wir hier her?
Fuck, ich vermiss' dich so sehr
Ich vermisse so, wie du riechst, vermisse so, wie du lachst
Vermisse, wie man überall zu spät mit dir kam
Vermisse, wie du kaust, ich vermisse, wie du schmatzt
Ich vermiss' dich, wie du nicht mehr klarkommst mitten in der Nacht
Wieso bist du nicht bei mir? Wieso bin ich an dem Ort?
Wie haben wir beide das die ganze Zeit nicht mitbekommen?
Ich hoff', du bist wohlauf
Irgendwo bei Valmont schreib' ich dir diesen Liebesbrief von der Front

Hey Baby
Wieder ein Monat vergangen
Oh, Mann
Ich vermisse, wie du tanzt, ich vermisse, wie du schmollst
Ich vermisse, wie du in meinen Armen liegend durch die Nachrichten scrollst
Ich vermisse, wie du bist, ich vermisse, wie du riechst
Hier inmitten des wohl schlimmsten Gestanks, den man sich ausmalen kann
Ich hoffe, er heftet nicht an diesem Brief von der Front

Ich hoffe, diese Briefe erreichen dich
Oder ich hoffe nicht, weil du vielleicht geflüchtet bist
So surreal, dass ich hier an der Waffe sitz
Dabei war ich mein Leben lang immer Pazifist
Nicht auszumalen, dass das hier wirklich ist
Konnte mir auch nicht vorstellen, wie stark man jemand vermisst
Ich schwör', das hab ich nie, dieses Gefühl kannte ich nicht
Fuck, ich will nur zurück
Und ich denk' zurück an die dummen Witze
Die nur in uns'rer Welt witzig waren
Als dann wirklich Tag X kam, den wir nur von den Memes kannten
Deep down auf Twitter, wurd' es surreal
Als erst die Sprache verrohte, Einzeltaten sich häuften
Populismus die absolute Mehrheit bekam
Bis zu den Hetzjagden, jetzt sitz' ich im Dreck
Und denke nur an dein Lächeln und schreib dir diesen Liebesbrief von der Front

Und jetzt führ' ich einen Krieg
Den ich nicht versteh gegen Menschen
Die wie ich aussehen
Noch vor zwei Jahren war man alarmiert
Aber dacht' nicht, dass das real passiert
Das letzte Mal wie du in meinen Armen liegst
War am Releasetag meines Gitarren-Mixtapes
Wie falsch sich das jetzt danach anfühlt
Diese kleinen dummen Lieder wie „Alles gut“
„Happy-Heart-Syndrom“ oder „Jaja“ zu spielen
Aber damals dachte man nicht an 'nen Krieg
Nur weil's Kameradschaften gibt, die durch Straßen ziehen
Sei ja alles nur 'n Problem der Kommunalpolitik
Und bei der Angst, dass bald wieder Nazis marschieren
Hieß es: „Markus, du bist bisschen paranoid“
Nur ein paar Sesselmänner in 'nen Landrat einziehen
Kann es nicht sein, dass es sowas 'n zweites Mal gibt?
Und jetzt sitz' ich hier in 'nem Grabenkrieg
Und denke: Flüchte ich? Beantrag' Asyl?
Oder bleib' ich und kämpf' wie paralysiert?
Ich schreib' dir diesen Brief von der Front